Der klassische Beginn eines jeden YES-Konzertes war über viele Jahrzehnte ein Auszug aus Strawinskys „Feuervogel Suite“, hatte bei Yes schon Tradition. Bei der vielzahl der Live-Mitschnitte die von YES existieren, war dieser Opener fast immer zu hören. In Halle begann das Konzert mit einem mir nicht bekannten klassischen Stück, das hätte mich schon stutzig machen sollen…aber der Reihe nach.
Ankunft am Dienstag 14.05.24 ziemlich pünktlich in Halle Hbf um 15.00 Uhr. Weiterfahrt mit Taxi zum Hotel. Kleine Anekdote am Rande, ich hatte ein nettes Gespräch mit dem Taxifahrer und dabei erfahren, dass er Mitglieder von YES am gleichen Tag aus ihrem Hotel abholte und zum Soundcheck ins Steintor Variete brachte.
Beim Einlass zum Konzert der erste Verdruss. Überall hingen Hinweise „Filmen und fotografieren verboten“. Da hab ich nicht schlecht gestaunt, dies kannte ich nur aus den frühen Tagen meiner vielen Konzertbesuche. Der Abend begann im Foyer des Steintor-Varietes mit einer Präsentation von Kunstwerken des weltweit bekannten Malers und Designers Roger Dean. Er gilt als Haus und Hofmaler von YES. Hier durfte man übrigens uneingeschränkt fotografieren… Seine meisterhaften Gemälde futuristischer Landschaften aus einer anderen Welt zieren viele der klassischen Albumcover von YES. Brillant das berühmte YES-Logo, präsentiert in unterschiedlichen Farbvarianten. Gleich nach meiner Rückkehr aus Halle, habe ich mir eine von Roger Dean handsignierte original Radierung des „YES-35th Anniversary Logo I“ auf seiner Homepage in England/East Sussex bestellt. Ich war schon immer ein Verehrer seiner Kunst, besonders gefiel mir immer das YES-Logo. Nachdem ich dies im Original gesehen hatte konnte ich nicht widerstehen. (sh. Foto in der Galerie, bereits gerahmt) Ein Cover ohne seine gestalterische Mitwirkung ist bei YES fast nicht vorstellbar, er gehört für mich untrennbar zu dieser Band. Zur Jubiläumstour „35 Jahre YES“ 2004 stand er für das komplette Bühnendesign. (sh. eigener Bericht)
Die Location des Steintor-Varietes an sich recht schön, auch mit guter Akustik. Es war allerdings unübersehbar das die Innenausstattung schon etwas in die Jahre gekommen war, unbequeme Sitze, die Belüftung ließ zu wünschen übrig, möchte ich mir im Hochsommer gar nicht vorstellen… Den Auftritt vor der Pause empfand ich als etwas unstrukturiert in der Song-Auswahl, es gab viele kürzere Stücke die für YES ja eher untypisch sind. Obgleich ich verstand das die Band einen Querschnitt aus über 50 Jahren YES-Geschichte bieten wollte. Also hieß es für mich die Pause abwarten in der Hoffnung auf den zweiten Teil…
Leider gab es besonders im ersten Abschnitt des Konzertes eine für mich nervige Sache. Die Security versuchte auf unschöne und aufdringliche Art und Weise das Fotografier-Verbot durchzusetzen. Ständig gingen die Mitarbeiter mit Taschenlampen durch die Reihen und nervten das Publikum. Von einem unbeschwerten Genuss konnte man nicht sprechen. Irgendwann reichte es mir und ich habe einen Mitarbeiter der Security entschieden darauf angesprochen, ich gab ihm zu verstehen nicht den teuren Eintritt bezahlt zu haben um mir ständig sein „Hinterteil“ betrachten zu müssen, ich empfand es als Beeinträchtigung und Störung. Er ging aber nicht wirklich darauf ein, was ich eigentlich nicht anders erwartete. Das Ganze ging so weit, dass manche Zuschauer ihre „heimlich“ gemachten Fotos im Beisein der Security löschen mussten.
Alles in allem habe ich mich bei einem Konzert schon lange nicht mehr so unwohl gefühlt, regelrecht überwacht und genervt… Daher konnte ich leider nur ein einziges Foto ganz zu Anfang machen. Aber mein Sitznachbar ließ sich nicht wirklich davon abhalten und fotografierte in „unbeobachteten“ Momenten. Er hat mir versprochen Fotos von diesem Auftritt zu schicken, mal sehen… ja ich habe sie bekommen, perfekt!
Aber es wurde auch Musik gemacht, die Band machte ihre Sache nicht schlecht. Ich sage dies ganz bewusst so. Die Besetzung der Konzerte 2024 unter dem vielversprechenden Motto „The Classic Tales of Yes“ bestand aus Geoff Downes (Keyboards), Jon Davison (Gesang), Billy Sherwood (Bass) und Jay Schellen (Schlagzeug). Leider ist nur noch Steve Howe der Gitarrist als Urmitglied von Yes mit dabei. Er prägte über Jahrzehnte mit seiner Gitarre maßgeblich den Stil und Klang von YES. Es klingt vielleicht ein wenig hart, aber auf mich wirkte es dennoch fast wie eine Cover-Band, die allerdings gut eingespielt war. Zum Beispiel bei „Musical Box“/Genesis weiß ich von vornherein es ist eine Cover-Band, aber hier wird mit dem noch immer klangvollen Namen „YES“ gespielt, einem aber tatsächlich ein X für ein U vorgemacht, man könnte es auch als Etikettenschwindel bezeichnen.
Nach der Pause gab es etwas neues von YES in Form von „Cut From The Stars“, dem einzigen Song vom aktuellen Album „Mirror To The Sky“. Dann schnell wieder in die Vergangenheit. Ich hatte so gehofft der zweite Teil des Konzertes enthält ein oder zwei ihrer langen und so berühmten Stücke. Zu früh gefreut… Weder ein „Gates of Delirium“, „Awaken“ oder „Close to the Edge“, alles Songs die in ihrer Art und Struktur für die Musik von YES stehen und für mich untrennbar zu ihren Auftritten gehören. Was bezweckte Steve Howe damit? Am sehnlichsten wartete ich auf „And You and I“, die YES-Hymne schlechthin, aber leider auch hier Fehlanzeige.
Wie ich schon bei anderer Gelegenheit erklärte bin ich kein Freund von Medleys jeglicher Art, heute fühlte ich mich darin wieder bestätigt. Jeder YES-Fan kennt „Tales from a Topographic Oceans“, ein Doppelalbum aus dem Jahr 1973 bestehend aus 4 Stücken jeweils etwa 20 Minuten lang, also zusammen etwas über 80 Minuten. Es gilt als elementares Werk der YES-Geschichte. An diesem Abend wurde es auf ganze 20 Minuten geschrumpft, in meinen Augen glich das „Medley“ einer Vergewaltigung dieses Opus. Ich war fast wütend nach diesem Programmteil, zumindest maßlos enttäuscht. Warum haben sie nicht ein Stück daraus komplett gespielt, wie zu früheren Zeiten? Manchmal ist weniger mehr…
Mein Fazit fällt insgesamt durchwachsen aus, ein richtiges YES-Feeling wollte sich bei mir nicht einstellen, trotz großer Vorfreude… Enttäuscht wäre vielleicht zu viel gesagt, aber irgendwie ernüchtert. Der Vorname von Jon Davison war für mich fast das Einzige was mich an Jon Anderson erinnerte. Stimmlich war das ja in Ordnung, aber es fehlte ihm eindeutig an Charisma. Mit „Starship-Trooper“ aus dem YES-Album von 1971 verabschiedete sich die Band nach einem für mich sehr zwiespältigen Abend, von ihrem durchaus enthusiastischen Publikum. Mir persönlich wurde hart vor Augen geführt, ein Jon Anderson, Rick Wakeman, Chris Squire und Alan White sind nicht zu ersetzen und ich vermisse sie schmerzlich.
Für alle die es interessiert hier die Set-List des Auftritts:
Setlist
- Going for the One
- It Will Be a Good Day (The River)
- Machine Messiah
- I’ve Seen All Good People
- America (Simon & Garfunkel cover)
- Time and a Word
- South Side of the Sky
- Turn of the Century
- Don’t Kill the Whale
- Cut From the Stars
- The Revealing Science of God (Dance of the Dawn) / The Remembering (High the Memory) / The Ancient (Giants Under the Sun) / Ritual (Nous sommes du soleil (excerpts from “Tales from Topographic Oceans”)
Zugaben:
- Roundabout
- Starship Trooper