Die erste Begegnung mit meiner Lieblingsband Genesis jährt sich in diesem Jahr zum 50-mal. Ein halbes Jahrhundert ist seit dem vergangen, ja richtig gelesen – ist kaum zu glauben. Dieses Jahr trete ich meinen Ruhestand an und noch immer hat mich meine Leidenschaft nicht losgelassen. Manchmal frag ich mich, ist das in „meinem Alter“ noch passend, vielleicht kindisch? Aber ich stehe dazu und bin mir sicher dies wird sich auch nicht mehr ändern. Ist es schon mehr als ein Hobby? Ja man könnte es auch Leidenschaft, Passion, Begeisterung, Faszination, Manie oder auch nur Freude nennen. Alles Begriffe die irgendwie passen. Aber bevor ich zu sehr ins philosophieren gerate, zurück zu meinem eigentlichen Thema.
Noch immer besuche ich mit besonderer Leidenschaft Konzerte und scheue auch weiter entfernte Auftrittsorte nicht. In diesem Jahr waren es bisher zwei und es folgen noch vier weitere. Von April bis Juli jeweils eines pro Monat. Manche besuche ich alleine, manche zusammen mit meiner Frau, je nach dem was uns beiden gefällt. Live Aufritte fazinieren mich seit meiner Jugend. Eine Band auf der Bühne spielen zu hören ist mit nichts vergleichbar, ein für mich einzigartiger Moment. Die Ausstrahlung und Wucht von Live-Musik hat in meinen Augen durchaus etwas körperliches, dabei entsteht zeitgleich eine Form von Verbundenheit im Publikum.
Da gibt es Augenblicke, die meinen Puls beschleunigen und mein Herz höher schlagen lassen – solche Momente erlebe ich wenn das Licht in der Halle verlöscht, die Band von Scheinwerfern angestrahlt die Bühne betritt und die ersten Töne erklingen die man sofort erkennt. Wenn in einem Song diese eine Stelle, bei der die Welt für eine Sekunde still zu stehen scheint, dann sind dies die magischen Momente auf die man so hinfiebert. Immer noch… Was folgt ist der kurze Augenblick der Stille zwischen den letzten Tönen eines Stückes und dem danach losbrechenden Applaus.
Am 8. März 2020 empfahl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, wegen des sich ausbreitenden Coronavirus alle Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern abzusagen. Darunter fielen auch die meisten Konzerte. Was dann folgte ist jedem noch in lebhafter Erinnerung. Im März 2022 konnte ich erstmals wieder einen großen Auftritt einer Band besuchen, die Ausrichtung des Konzertes hing wochenlang am seidenen Faden. Als Entschädigung für die gewaltige Durststrecke bekam ich Genesis mit ihrer letzen Tour geboten. Die langsame Rückkehr zur Normalität dauerte fast 2 Jahre. Für Clubs, Musiker und Veranstalter war dies eine existenzbedrohende Situation – aber auch viele Fans vermissten es sehr ihrer Leidenschaft nachzugehen.
Im Laufe eines Jahres besuche ich viele Konzerte, ab und zu in großen Stadien, inzwischen aber mehr in Hallen und kleineren Clubs. Live-Auftritte sind und bleiben meine Leidenschaft, fast wie eine Art von Droge. Für nichts gebe ich so viel Geld aus, reise durch Deutschland und kann den Kopf ausschalten, dabei ein wenig die Welt vergessen. Für mich war es ein enormer Verlust an Lebensfreude, dass es – neben so vielem anderen in der Corona-Zeit – nicht mehr möglich war Konzerte zu besuchen. Eine Reihe von Konzertkarten habe ich mir aufbewahrt, von Veranstaltungen die Corona zum Opfer vielen. Die meisten Auftritte wurden komplett abgesagt, nur wenige verschoben. Zwei Jahre ohne Live-Musik ein trauriges Jubiläum, ich empfand es als harten Entzug.
Der Stillstand im Konzertleben trieb auch kuriose Blüten. In den Sommermonaten gab es beispielsweise Veranstaltungen im Autokino-Stil, Musiker spielten im Wohnzimmer und man konnte dies als Streaming im Netz verfolgen. Es waren keine „richtigen Konzerte“, denn wenn man mit 1,5 Metern Abstand und mit Maske voneinander sitzen musste und nicht gemeinsam mitsingen konnte, es trug mitunter bizarre Züge. Es hatte nur wenig mit dem zu tun, was wir alle so geliebt haben. Mancher Musiker sagte nach solchen Veranstaltungen: „dann lieber keine Auftritte als solche“. Der Blick von der Bühne aus ins Publikum war wohl extrem ernüchternd. Ich besitze eine große Sammlung an Live-Alben und vielen Konzert-DVD’s, die ich in dieser Zeit mit Wehmut gehört und angesehen habe. Sie transportieren die Magie eines realen Konzertes natürlich nur im Ansatz, waren aber besser als nichts. Bei solchen Live-Mitschnitten hört man oftmals Zurufe und Begeisterungs-Ausbrüche aus dem Publikum, oder man kann an der Kommunikation der Musiker mit den Zuschauern teilhaben. Solche Dinge gehören zu den eingangs erwähnten „unvergleichlichen Momenten“.
Man kann nur hoffen, dass nach diesem Kultur-Lockdown, bei dem die Lage vieler Musiker, Clubs und Veranstalter dramatisch war, sich die Situation wieder entspannt und nicht zu viel Schaden angerichtet hat. Meine jetzt vor mir liegenden Konzerte von April bis Juli bestärken mich in dieser Hoffnung. Im April sehe ich „Steve Hackett“, im Mai „Camel, im Juni „Peter Gabriel“ und dann im Juli „Bruce Springsteen“. Dann bleibt mir noch der Rest des Jahres, mal sehen…. Kleiner Nachtrag, bei Camel wurde die komplette Tour aus gesundheitlichen Gründen von Andrew Latimer abgesagt. Soll laut Veranstalter aber nachgeholt werden.