Es war ein Abend voller besonderer Momente. Schon der äußerst skurrile Auftakt hatte es in sich. Zwei Stunden lang sehen die Zuschauer in der sich füllenden Arena ein Zifferblatt. Die fehlenden Zeiger malt ein Mann im orangefarbenen Overall dazu, dann wischt er sie kurz danach wieder weg und malt die Zeiger neu und dies im Fünf-Minuten Takt. Ein witziger Einfall.
Zu Anfang des Auftritts gab es ein Statement auf Deutsch, Gabriel machte unter anderem darauf aufmerksam, man müsse aufpassen, dass unser Planet nicht wieder ein toter Planet werde. Er ist ein Mann ohne Schnörkel, philosophisch, politisch, musikalisch und auch visuell. Mit seiner ruhigen, authentischen Art, versteht er es sein Publikum zum Zuhören und Nachdenken zu bringen.
„Die Zeit gibt den Ton an. Ich möchte, dass ihr euch jetzt viereinhalb Milliarden Jahre in der Zeit zurückversetzt, als unser Planet ein toter Planet war. Was er durchaus wieder sein könnte, wenn wir nicht sehr vorsichtig sind“.
Der Beginn des Konzertes ist schon mal das spannendste was ich seit langem auf Konzertbühnen zu sehen bekam. Peter Gabriel sitzt an einem qualmenden Lagerfeuer mit einem Keyboard auf den Knien. Langsam gesellen sich seine Mitmusiker hinzu und als Intro gibt es „Here Comes The Flood“. Über ihnen schwebt auf großer Leinwand der Mond in seinen verschiedenen Phasen. Allein für dieses optische und musikalische Highlight hat sich die Fahrt nach Köln gelohnt.
Zum Konzert: es gab eine Mischung aus aktuellen Stücken seines noch nicht erschienenen Albums i/o und vieler Gabriel-Klassiker. In den beiden Hälften des Konzertes gelang es ihm problemlos mit seiner eindrucksvoll harmonierenden Band die Stimmung und Emotionen in der Arena zu bestimmen. Jeder seiner Musiker, angeführt von Basslegende Tony Levin, bis hin zum Drummer Manu Katche, alle Mitglieder seiner neunköpfigen Band waren darauf aus gemeinsam gut zu klingen. Und dies taten sie auf beeindruckende Weise. Das Ganze wurde untermalt von Trompete, Horn und Cello. Dabei führte Gabriel seine Mannschaft gleich einem Fußball-Kapitän, er setzte seine Mitspieler immer wieder in Szene. Das Publikum bedankte sich mit Standing Ovation, Tanzen und Mitsingen.
Vielleicht sind die neuen Songs noch etwas gewöhnungsbedürftig, benötigen sie wohl eine bestimmte Zeit, bis sie von den Fans angenommen werden. Aber ich finde ihr Potential ist enorm. “Panopticom” zum Beispiel empfinde ich als ganz starken Titel. Dies ist ohnehin typisch Gabriel, er wagt es mit der Platte „i/o“ auf Tour zu gehen, die noch nicht komplett erschienen ist. Er veröffentlicht seit Jahresbeginn zu jedem Vollmond eine neue Single vom Album, zuletzt “So Much” am 3. Juli.
Gabriel ist es gelungen sich in seiner längeren Schaffenspause weiter zu entwickeln. Dadurch wirkten alte Lieder wie Don’t give up, Big time, Solsbury Hill, Red Rain oder In Your Eyes noch frischer. Seine Musik ist und bleibt ein Kunstwerk. Ohne die brillante Videoshow, die nie zu dick aufgetragen war, sondern immer perfekt getimt und inszeniert war, wäre es wahrscheinlich kein richtiges Gabriel-Konzert gewesen. Zum Schluss und das ist schon Tradition, das Lied für den schwarzen Studentenführer Steve Biko. Auch hier perfekt ins Szene gesetzt.
Dann ist Schluss. Das Licht geht an. Das Publikum applaudiert begeistert noch minutenlang, nachdem die Band die Bühne schon verlassen hat. In meinen Augen wird Peter Gabriel immer besser…. „Don’t Give up“ möchte man ihm zurufen!